21.-25.6.2011 – 99 h World Record Race

In Jüterbog fand in der KW 25 ein Kartrennen statt, mit dem der Veranstalter sich im Guinness-Rekordbuch verewigen wollte. Pierre hatte ein Team aus Kollegen und Freunden zusammengetrommelt und fuhr natürlich auch selber mit. Hier seine Zusammenfassung der 5 Tage:

Es ist ein bisschen schwierig eine Woche Rennen in ein paar Wörtern zusammen zu fassen aber ich werde mal probieren die wichtigen Etappen chronologisch und mit Stichwörtern zu beschreiben. Auf jeden Fall war es lang, hart, verrückt…aber schön!!

Sonntag: Anreise für alle, wir treffen uns Ende des Nachmittags um unseren Wohnwagen zu übernehmen und unseren Campingplatz zu organisieren. Im Gegensatz zum 77h Rennen vor 2 Jahren haben wir nicht die Wichtigkeit eines guten Betts unterschätzt und auf unsere Zelte verzichtet für etwas mehr Luxus.
Erste schlechte Nachricht, 2 von den 4 “Franzosen aus Frankreich” sind in Frankreich unabkömmlich (geschäftliche und traurige persönliche Gründe) und nur einer von den beiden wird erst spät in der Nacht von Montag auf Dienstag ankommen.

Montag: Eine letzte lange Nacht für alle, dann Papierabnahme, Festlegung der Team-Strategie / Turnorganisation, Einrichtung der Box, letzter Einkauf bevor alles beginnt. 18:00 Teamchef Besprechung und anschließend Kart Auslosung. Dann hat man 1h30 gehabt um das Kart vorzubereiten (technischer allgemeiner Check, Einstellung, Polsterung, Beklebung)
20:00 Beginn des 3h Trainings mit Richtungswechsel zur Halbzeit und Start Simulation.
Während fast 1h30 haben wir den Motor und 2 Sets Reifen schonend eingefahren und dann endlich ein bisschen Gas gegeben. Aber die restliche Zeit war zu knapp für alle. Nicht schlimm, morgen geht es weiter mit einem 45min Training.

Dienstag:
10:00 Anfang des Trainings und bei dem 2. Fahrer nach 10min Probleme! Das Kart geht beim Beschleunigen aus.
Ab in die Werkstatt für eine Reinigung des Vergasers, der vom Dreck verstopft war…das Vertrauen des Teams in das Material baut auf einmal stark ab.
Nach der Reparatur ist leider das Training zu Ende…schade für die verlorene Übungszeit fürs Team.
13:00: 20min Quali aber max. 10 gezeitete Runden. Ich lege los und bin schnell an 2. Position in der Tabelle. Leider kommen die besseren Zeiten nach und nach und ich lande auf dem 8. Platz….dachten wir!
Wir hatten leider nicht verstanden, dass man nicht mehr als 10 Runden fahren durfte. Wegen meiner 11 Runden (1 mehr hatte ich zur Sicherheit gemacht) + 1 Runde zum Tanken, wurden meine 2 besten Zeiten gestrichen.
Somit landen wir für den Start auf dem 12. Platz.
Diesen übernehme ich auch und kann einige Plätze gut machen um am Ende meinen Turn auf dem 8. Platz zu beenden.
Dann fängt die erste Nacht an.

Mittwoch: früh morgens sind wir schon auf den 6. Platz, glaube ich, vorgerutscht.
Durch eine kleine Regenphase, bei der wir auf Slicks geblieben sind und mit einem starken Regenfahrer machen wir noch 2 Plätze gut.
Mittwoch Nachmittag belegen wir schon den 3. Platz mit 2/3 Runden Vorsprung 🙂
Dann kam ein Megasturm. Kurz davor entschieden wir uns, auf Regenreifen zu wechseln als die ersten dicken Tropfen fielen.
Alles lief reibungslos aber der Sturm war so heftig, dass das Rennen abgebrochen worden ist.
Zum Glück, da draußen während 10min die Hölle los war. Die Strecke wurde komplett überflutet und alle möglichen Zelte sind weggeflogen.
Selbst der große Hangar hat sein riesiges Tor fast verloren!!
Mehr als 3 Stunden wurde das Rennen abgebrochen um wieder alles aufzuräumen.
Leider war die Strecke inzwischen abgetrocknet und wir müssen sofort wieder auf Slicks wechseln.
Dabei verlieren wir 3 Plätze.

Donnerstag:
wir arbeiten uns wie es möglich ist nach vorne und nach ein paar Fehlern unserer Konkurrenten gewinnen wir einen Platz.
Leider sind die Teams vor uns im Schnitt schneller und wir können uns nur schwer dranhängen. Wenn es gut läuft sehen wir wie der Abstand sich nur langsam vergrößert.
Durch ein paar Fehler der Konkurrenz oder Kart Tausch wegen technischer Probleme bleiben wir in Reichweite zum 3. und 4. Wir sind aber nicht wirklich eine Gefahr für die.

Freitag:
das konkurrierende Team hinter uns hat definitiv an Boden verloren. Vorsprung zum nächsten ist ca. 20 Runden.
Vorne geht langsam auch nichts mehr, mit knapp 10 Runden Rückstand.
Dann machen wir die ersten Fehler. 2 Fahrer sind zu schnell in der engen Boxeneinfahrt gefahren und haben dabei die Abgrenzungen berührt.
Das gab eine Stop&Go-Strafe. Die zweite bekamen wir nicht, da wir früher unberechtigt für einen selbst verschuldeten Abflug eines anderen Fahrers bestraft worden sind.
Am dem Mittwoch wurden wir auch wegen Ölschmieren der Kette bei nicht komplett angehaltenem Kart mit einer Stop&Go hart bestraft aber nur weil andere Teams gepetzt haben…
das hat wohl einigen nicht so gut gefallen, dass ein “unbekanntes” Team vorne mitkämpft. Ab diesem Punkt wussten wir, dass wir unter Beobachtung standen.

Nach diesen Zwischenfällen bewegen wir uns langsam Richtung Ende des Rennens mit nur noch 10 Runden Vorsprung vor dem Sechsten.
Vorne sind sie inzwischen definitiv weggefahren.
An diesem Tag konnte ich auch einen kompletten Turn unter Trocken-Regen-Trocken genießen und richtig Spaß beim Überholen auf der rutschigen Bahn haben (abwechselnde Bestzeit mit einem anderen “Heim”-Fahrer).

Anmerkung: bei einer stop&Go, oder einem Fahrerwechsel oder einer Fahrt in die Box verliert man mindestens 2min also ca. 2 bis 2,5 Runden (siehe auch Video)

Samstag:
wir halten die Pace und geben alles um unseren noch komfortablen Vorsprung zu behalten.
Das Ende des Rennens wurde auf 24:00 verlegt wegen der Unterbrechung von Mittwoch Abend.
Als ich meinen vorletzten Turn gegen 18:00 anfange, habe ich den Eindruck, dass das Lenkrad mehr als sonst vibriert. 20 Runden später am Eingang der Schikane, keine Reaktion vom Kart beim Einlenken…bzw. nur ein “knack”.
Das Radlager hat sich von der Felge komplett in tausend Teilen verabschiedet.
Leider kann ich das Kart nicht bis zur Box fahren und muss warten, dass ich abgeschleppt werde.
Ich bin schon total deprimiert weil ich denke, dass wir unseren 5. Platz kurz vor Ende verlieren werden.
Aber zum Glück war das Team in dem Moment sehr aufmerksam und hatte schon die Zeit genutzt, einen Ersatz Fahrer + Kart zu organisieren um sofort wieder auf die Strecke zu fahren.
Nach der Reparatur (10min) und zurückwechseln des Karts liegen wir in der selben Runden wie der 5. (wir sind inzwischen auf Platz 6 gerutscht).

Anmerkung: mit dem Ersatzkart fuhr unser Fahrer auf einmal Zeiten, die 1 sek. schneller waren ohne Winschatten. Da haben wir leider die Bestätigung unseres bisherigen Eindrucks gehabt, dass unser Kart ein leichtes Leistungsdefizit hatte…schade im nachhinein!
3 Teams vor uns fuhren am Ende mit Ersatzkarts (einige nur 5-6 Stunden, andere ca. 30 Stunden)

Nach diesem Turn haben wir wieder unseren 5. Platz und liegen kurz vor dem Verfolger.
Der letzte Turn wird entscheiden, sowohl auf der Strecke als auch draußen beim letzten Fahrerwechsel + Tanken => das schaffen wir diesmal mit dem ganzen Team 30 sek. schneller.
Auf der Bahn gebe ich alles was ich noch an Kraft habe und wir schaffen es, auf dem 5. Platz das Rennen zu beenden 🙂
Mittlerweile mit 5 Runden Vorsprung, da das andere Team wegen fehlender Beleuchtung hinten an die Box geholt worden ist.

Fakten:
– mehr als 5000 Runden gefahren
– ich bin 7 Turns á 2h bis 2h30 am Stück gefahren
– Schlafzeit war i.d.R. maximal 6 Stunden
– gefahren wurde Tag und Nacht (nachts zu zweit im “Zug mit Schieben”, ohne wirklich die Strecke sehen zu können, ist schon eine geile Erfahrung in sich)
– die Strecke wurde in beiden Richtungen gefahren (Richtungswechsel jede 24h)
Bestzeit: 58,8 s. – unser Team: 59,2 s. (nicht von mir 😉 es war für uns nur möglich wirklich schnell zu fahren im “Zug” hinter jemanden, der gut war und mit einem schnellen Kart unterwegs war)

Hier noch ein Video in dem man mich von hinten sieht:
http://www.youtube.com/watch?v=h1llEDAKqfc
(ab 2:10, vorher siehst du die Fahrerwechselroutine + den Boxpflichtdurchgang)

Auf den ersten 4 Plätzen lagen unter anderem 2 Teams aus dem Umfeld Jüterbog und ein Top-Team aus Österreich.

Anmerkung zum Video: da gehörten ja auch leichtathletische Qualitäten des Teams dazu. Ich nehme an, dass der gehende Mann vor dem Kart dokumentieren soll, dass in der Halle nur Schrittgeschwindigkeit gefahren wird, da es sonst Strafen setzt.
Text: R. Stoldt